In Österreich haben ArbeitnehmerInnen, die mit ihrem Arbeitgeber einen privatrechtlichen Vertrag abgeschlossen haben, einen Rechtsanspruch auf Pflegefreistellung (umgangssprachlich Pflegeurlaub), wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebender, naher Angehöriger erkrankt.
In diesem Überblick wird zum Thema „Was sind nahe Angehörige“, den Formen von Pflegefreistellung/Pflegeurlaub, geltenden Altersgrenzen (Bis wann kann ich mein Kind ins Krankenhaus begleiten?) und Meldepflicht informiert.
Die Inanspruchnahme einer Pflegefreistellung ist auch dann möglich, wenn die Betreuungsperson eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen ausfällt.
Der Anspruch auf Pflegeurlaub ist im Bundesgesetz §16 Urlaubsgesetz geregelt. Es handelt sich hierbei dabei um keinen Urlaub im herkömmlichen Sinne, sondern um einen Sonderfall einer dienstlichen Verhinderung aus wichtigen Gründen.
Was versteht man unter dem Begriff: Pflegeurlaub?
Pflegeurlaub ist eine zeitlich begrenzte Pflegefreistellung zur Betreuung oder Pflege eines, im gemeinsamen Haushalt, nahen Angehöriger.
Während des Pflegeurlaubes hat man weiterhin Anspruch auf Bezahlung von Entgelt. Die Pflege muss tatsächlich erbracht werden und unumgänglich sein.
Wer gilt als naher Angehöriger?
Als nahe Angehörige gelten in erster Linie Angehörige, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, das sind Kinder, Enkelkinder, Eltern und Großeltern.
Weiters EhegattInnen, eingetragene PartnerInnen oder LebensgefährtInnen (auch gleichgeschlechtlich), sowie Wahl- und Pflegekinder, als auch die Kinder der EhegattInnen oder eingetragenen PartnerInnen, unter der Voraussetzung, dass diese im gemeinsamen Haushalt leben.
Die leiblichen Eltern, die Wahl- oder Pflegeeltern haben auch nach einer Trennung, falls das Kind erkrankt, die gesetzliche Möglichkeit der Pflegefreistellung. In diesem Fall ist es unwesentlich, ob das erkrankte Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, oder nicht.
Was versteht man gesetzlich unter einem gemeinsamen Haushalt?
Ein gemeinsamer Haushalt ist dann gegeben, wenn zwischen einem nahen Angehörigen (oder Lebenspartner) und Ihnen sowohl eine Wohn- als auch eine Wirtschaftsgemeinschaft besteht.
Ein Nebeneinanderwohnen oder eine bloße polizeiliche Meldung allein, gilt nicht als gemeinsamer Haushalt.
Die vier Formen der Pflegefreistellung
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen vier Formen der Pflegefreistellung:
- Pflegefreistellung im Falle einer Erkrankung eines nahen Angehörigen
- Erweiterte Pflegefreistellung für die Pflege von Kindern unter zwölf Jahren
- Pflegebetreuung zur Betreuung eines Kindes (Pflegeperson fällt aus)
- Pflegebetreuung eines Kindes unter zehn Jahren im Falle eines Spitalaufenthaltes
Wer kann Pflegeurlaub beziehen?
Anspruch auf Pflegefreistellung besteht sofort nach Antritt eines Arbeitsverhältnisses, das auf einem privatrechtlichen Vertrages beruht. Dies gilt auch für Lehrlinge.
Arbeitsverhältnisse, die zu einem Land oder einer Gemeinde, Heimarbeiter, Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu Stiftungen und Fonds und Land- und Forstarbeiter, für die das Landarbeitsgesetz gilt, sind von der Regelung ausgenommen. Diese haben eigene dienstrechtliche Bestimmungen, die ähnliche Regelungen der Pflegefreistellungen vorsehen.
Grundsätzlich müssen alle Vorkehrungen getroffen werden, damit es zu keiner Arbeits- oder Dienstverhinderung kommt.
Steht keine geeignete, andere Person zur Verfügung hat man rechtlich Anspruch auf Pflegefreistellung. Erkrankt ein Kind und sind beide Eltern berufstätig, bleibt es Ihnen überlassen, wer von beiden den Pflegeurlaub antritt.
Der Arbeitgeber kann weder den Pflegeurlaub verweigern, noch darauf Einfluss nehmen, welcher Elternteil beim Kind bleiben soll.
Für wie lange steht mir die Möglichkeit einer Pflegefreistellung zu? – Dauer
Innerhalb eines Arbeitsjahres haben Sie als Arbeitnehmer Anspruch auf eine Woche Pflegefreistellung im Ausmaß ihrer wöchentlichen Arbeitszeit.
Arbeiten Sie zum Beispiel, zwanzig Stunden pro Woche, haben Sie Anspruch auf zwanzig Stunden Pflegefreistellung. Die Pflegefreistellung kann je nach Bedarf, stunden- oder tageweise beansprucht werden.
Zusätzlich gibt es für ArbeitnehmerInnen die, ein Kind, das im gemeinsamen Haushalt lebt und noch keine zwölf Jahre alt ist, pflegen müssen, die Möglichkeit eine zweite Woche Pflegefreistellung (Erweiterte Pflegefreistellung) in Anspruch zu nehmen.
Die ständige Betreuung des Kindes fällt aus – habe ich Anspruch auf Pflegeurlaub?
Fällt die ständige Betreuungsperson des Kindes aus schwerwiegenden Gründen aus und stehen keine anderen geeigneten Personen zur Verfügung, besteht ein Anspruch auf Pflegefreistellung bis zu einer Woche pro Arbeitsjahr.
Als wichtige Gründe gelten: Tod, schwere Erkrankung, Spitalsaufenthalt, Anhaltung aufgrund polizeilicher Maßnahmen, Wegfall des gemeinsamen Haushaltes.
Die Umstände, das Alter des Kindes und die Möglichkeiten einer anderweitigen Betreuung sind ausschlaggebend, ob die Betreuung durch den/die ArbeitnehmerIn unumgänglich ist und mit der Erbringung der Arbeitsleistung nicht vereinbar ist.
Den Arbeitgeber verständigen (Meldepflicht)
Wer Pflegeurlaub benötigt, muss den Arbeitgeber so schnell wie möglich mündlich oder schriftlich davon in Kenntnis setzen. Im Normalfall wird man bei der Arbeitsstelle anrufen und dem Arbeitgeber Bescheid sagen, wie lange man voraussichtlich Pflegeurlaub benötigt und wenn dies der Arbeitgeber verlangt, bei Arbeitsantritt eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit und die Dauer der Pflegefreistellung nachbringen.
Verlangt der Arbeitgeber eine solche Bescheinigung, muss er auch eventuell daraus resultierende Kosten (Arztgebühr) dem Arbeitnehmer ersetzen. Verlangt Ihr Arbeitgeber keinen Nachweis, genügen Ihre Angaben.
Ich habe auf Pflegefreistellung keinen Anspruch mehr oder bin selbständig
Können Sie Ihr Kind, aus welchen Gründen auch immer, nicht selbst pflegen, gibt es zahlreiche Vereine, die zu günstigen Preisen Betreuung anbieten.
In diesen Fällen finden Sie auf der Internetseite: Betreuung für erkrankte Kinder, Rat und Hilfe. In Wien bietet „Sozial Global“ kostengünstig und unkompliziert Betreuung an.
In ganz Österreich kann der Verein „KiB“ kurzfristig Hilfe anbieten. Wird Ihr Kind aus dem Spital entlassen und benötigt weiterhin Pflege, hilft die „Mobile Kinderkrankenpflege“.
Mein Kind muss ins Spital. Habe ich Anspruch auf Pflegefreistellung um mein Kind ins Spital zu begleiten?
Die sogenannte Begleitungsfreistellung sieht die Möglichkeit einer Begleitung eines eigenen, noch nicht zehn Jahre alten Kindes durch einen Elternteil vor. Ebenso gilt dieser Anspruch für die Begleitung eines Wahl,- Stief- oder Pflegekindes oder eines Kindes des eingetragenen Partners (Lebensgefährten/ Lebensgefährtin).
Voraussetzung ist hier der gemeinsame Haushalt mit dem Kind.
Wenn die Begleitung eines über 10 Jahre alten Kindes objektiv notwendig ist und durch ein Attest bestätigt wird, kann auch in diesem Fall Pflegefreistellung in Anspruch genommen werden.
Was kann ich tun, wenn der Anspruch auf Pflegeurlaub ausgeschöpft ist?
Hat man den Pflegeurlaub bereits verbraucht, kann man zum Zwecke der Betreuung seines erkrankten Kindes, welches das zwölfte Lebensjahr noch nicht überschritten hat, Urlaub ohne vorherige Vereinbarung antreten.
Dies ist nur dann möglich, sofern der Urlaub für das Jahr noch nicht verbraucht ist. Besteht kein Urlaubsanspruch mehr, kann unbezahlter Urlaub genommen werden.
Ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Pflegeurlaubes
- Der Pflegeurlaub sollte keinesfalls als zusätzlicher Urlaub angesehen werden, stellt sich die Pflegefreistellung als ungerechtfertigt heraus, ist dies ein Entlassungsgrund.
- Ein Pflegeurlaub gilt als nicht notwendig, wenn andere geeignete nicht berufstätige Personen zur Verfügung stehen (nicht erwerbstätiger EhepartnerIn, Großeltern).
- Der Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet eine Betreuungsperson auf seine Kosten bereitzustellen.